Botschaft des Staates Israel in Berlin

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DreadLeaks

30. November 2010 · 1 Kommentar · Kommentar, Politik

Von Aluf Benn

Das „israelische Kapitel“ in den Telegrammen der US-Regierung, die die Webseite WikiLeaks gestern bekanntmachte, hat nicht ein einziges neues Detail hinsichtlich des Austauschs von Botschaften zwischen Jerusalem und Washington zum Vorschein gebracht. Die geheimen Telegramme der US-Botschaft in Tel Aviv lehren, dass die Führungsfiguren der Geheimdienstgemeinde und des Sicherheitsapparats Israels dieselben Textvorlagen zitieren, wenn sie Bürokraten und Kongressabgeordnete aus Amerika unterrichten oder Journalisten und Knessetabgeordnete aus Israel.

Es besteht kein großer Unterschied zwischen dem, was Ehud Barak, Meir Dagan und Amos Yadlin in Reden, im Außen- und sicherheitspolitischen Ausschuss oder in Hintergrundgesprächen mit Kommentatoren sagen, und ihren Äußerungen in Gesprächen mit Diplomaten. Insofern hat Israel wegen der Veröffentlichung keinen Grund zur Verlegenheit: Es wurden keine großen Diskrepanzen entdeckt zwischen dem, was man draußen und dem, was man drinnen, was man in der Öffentlichkeit und was man hinter verschlossenen Türen gesagt hat.

Mossad-Chef Dagan, der scheidende Militärgeheimdienst-Chef Yadlin und der hochrangige Verteidigungsministeriums-Offizielle Amos Gilad werden als Speerspitze der israelischen PR-Kampagne gezeichnet, die versucht, die Amerikaner davon zu überzeugen, dass der Iran gefährlich ist und man keine Waffen an arabische Staaten liefern sollte. Die Amerikaner sind nicht überzeugt, und auch sie wiederholen ihre jedem bekannten Stellungnahmen. Hier wurde nichts Peinliches enthüllt, wie etwa eine amerikanische Einwilligung in den Ausbau der Siedlungen, was der offiziellen Position der Regierung widersprechen würde, oder eine israelische Unterstützung amerikanischer Verhandlungen mit der Hamas.

WikiLeaks ist es nicht gelungen, in die sensiblen Kanäle des Verhältnisses zwischen Israel und den USA einzudringen, und auch nach der Offenlegung wissen wir nicht, was wirklich gesagt wurde zwischen Ministerpräsident Binyamin Netanyahu und US-Präsident Barack Obama, zwischen Ariel Sharon und Ehud Olmert und dem früheren Präsidenten George Bush oder zwischen Dagan und seinen Gegenübern bei der CIA und anderen US-Geheimdiensten. Entweder werden auch in diesen Treffen Talking Points verlesen oder die wirklichen Beziehungen werden durch Kanäle geführt, die noch nicht offengelegt wurden.

Ein Zeugnis für die niedrige Klassifizierung der offengelegten Gespräche und für ihre mangelnde Bedeutung stellt das Gespräch zwischen Dagan und einem Beamten des Weißen Hauses am 12. Juli 2007 dar. Sieben Wochen bevor die Luftwaffe den Atomreaktor in Syrien bombardierte, interessierte sich der Gast aus Amerika  für damals zu hörende Behauptungen aus Damaskus, wonach Israel Syrien anzugreifen beabsichtige. Dagan belügt ihn: „Wir haben keinerlei Absicht, die Syrer anzugreifen.“ Gleichzeitig fanden, wie aus den Memoiren Bushs hervorgeht, in anderen Kanälen ernsthafte Diskussionen über einen Angriff auf den syrischen Reaktor statt. Gut, dass die Aufdecker des Dokuments eine peinliche Anmerkung Dagans während des Treffens fanden: Er rief die Amerikaner dazu auf, ihre Militärstützpunkte aus Katar zu entfernen. Sie regten sich nicht auf.

Die WikiLeaks-Telegramme beschäftigen sich viel mit dem Iran, enthüllen jedoch nicht, ob und wann Israel die iranischen Atomanlagen angreifen würde. Die israelischen Offiziellen sind sehr viel vorsichtiger als die Führer arabischer Staaten, die die Amerikaner dazu drängten, den Iran anzugreifen. Barak, Dagan, Yadlin und Gilad drohten nicht mit einem israelischen Angriff und verharrten in glanzlosen Äußerungen, wie sie auf jeder öffentlichen Veranstaltung gesagt werden.

Die Lektüre der Telegramme ist für jeden spannend, der an politischen Informationen interessiert ist und Berichte direkt aus dem Mund von Offiziellen lesen will und nicht nur in der Zeitung. Aber Schaden für das israelisch-amerikanische Verhältnis werden sie nicht verursachen. Die Rivalität zwischen Netanyahu und Obama und die Auseinandersetzung über die Erweiterung der Siedlungen sind sehr viel wichtiger und einflussreicher als die Aufdeckungen von WikiLeaks. Und wer Geheimnisse sucht, sollte besser die Memoiren Bushs lesen.

(Haaretz, 29.11.10)

Die im Blog veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder, sondern bieten einen Einblick in die politische Diskussion in Israel.

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