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Das offene Mikrophon und die UN-Dolmetscherin

21. November 2013 · 9 Kommentare · UN

ScreenshotEin Kommentar von Hillel Neuer, Direktor der Nichtregierungsorganisation UN Watch mit Sitz in Genf

Die Wahrheit kommt raus, wenn keiner zuhört. Am Donnerstag sprach eine Dolmetscherin der Vereinten Nationen, versehentlich und bei offenem Mikrophon, Worte der Wahrheit, als von der UN-Generalversammlung neun israelkritische Beschlüsse und kein einziger zum Rest der Welt verabschiedet wurden.

In der scheinbaren Gewissheit, nur zu ihren Kollegen zu sprechen, äußerte sich die Dolmetscherin wie folgt, direkt in die Kopfhörer sämtlicher anwesender UN-Delegierten und vor der weltweiten Zuhörerschaft der Übertragung im Internet:

„Ich meine, wenn man… also, wenn man insgesamt zehn Resolutionen zu Israel und Palästina hat, irgendwas muss da doch sein, c’est un peu trop, non? [es ist ein bisschen zu viel, oder?] Ich meine… da passiert anderes, richtig übles Zeug, aber keiner sagt irgendwas dazu.“

Gelächter brach unter den Delegierten aus. „Die Dolmetscherin bittet um Entschuldigung“, sagte die unglückliche Sprecherin der Wahrheit, nachdem sie hörbar um Atem gerungen hatte. Ich hoffe sehr, dass sie nicht gefeuert wird.

Denn wer sich heute tatsächlich entschuldigen sollte, sind die Vereinten Nationen. Gegründet auf hohen Idealen, verdreht diese Einrichtung der Weltgemeinschaft den Traum liberaler Internationalisten in einen Alptraum.

Kurz vor Ende der diesjährigen Legislaturperiode hat die Generalversammlung 22 Resolutionen verabschiedet, die Israel verurteilen – und nur vier zum gesamten Rest der Welt. Diese Heuchelei, Selektivität und Politisierung ist atemberaubend.

Die Resolutionen, die das 4. Komitee der Versammlung, mit Mitgliedern aller 193 Mitgliedsstaaten, heute verabschiedete, verurteilen Israel für die Verletzung der Menschenrechte der Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen, die der palästinensischen Flüchtlinge und sogar die der Syrer in den Golanhöhen.

Tatsächlich: die UN hat heute eine Resolution verabschiedet, in der das Wort „Syrien“ nicht weniger als zehn Mal fällt – ohne dass irgendetwas über die Massaker des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad an mehr als 100.000 seiner Landsleute gesagt würde.

Unter dem Titel „Die besetzten syrischen Golanhöhen“ wird Israel für die angebliche Misshandlung syrischer Zivilisten in den Golanhöhen verurteilt, außerdem für die Verletzung der Rechte syrischer Bürger nach internationalem humanitären Gesetz. Die UN fanden heute aber nicht die Zeit, das internationale Recht in Bezug auf Präsident Assads Vergasung seiner eigenen Bürger zu kommentieren.

Wie bald in einer weiteren überflüssigen Resolution zum Golan, rief die Generalversammlung auch heute Israel dazu auf, die Golanhöhen und dessen Bewohner an Syrien zu übergeben.

Egal, welchen Standpunkt man zu den Besitzverhältnissen im Golan einnimmt: wenn die UN ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt dazu auffordert, irgendjemanden Assads Herrschaft zu übergeben, während er seine Massaker unvermindert fortsetzt, dann ist das logisch absurd und moralisch obszön. Angesichts der in israelischen Krankenhäusern behandelten syrischen Zivilisten, die dem Blutbad im eigenen Land entkamen, wird die Resolution nachgerade absurd.

Es ist recht und gut, Israel für seine Behandlung arabischer und anderer Minoritäten zur Verantwortung zu rufen, wie jeden anderen Staat auch. Aber irgendetwas stimmt nicht, wenn in der heutigen Resolution zum Thema Palästina nicht ein Wort über den regelmäßig von der Hamas zum Ausdruck gebrachten mörderischen Antisemitismus oder zur gefährlichen Anstachelung der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah verloren wird, wo in offiziellen Schulen, in Moscheen, Zeitungen und Fernsehsender andauernd die Mörder israelischer Zivilisten als Helden glorifiziert werden, denen es nachzueifern gilt.

Das Wort ist die Mutter der Tat. Trotzdem erwähnte keine der Resolutionen zum Westjordanland die Welle palästinensischer Terrorakte in den letzten Wochen, wie den brutalen Mord an Shraya Ofer vor seinem Haus im Jordantal, bei dem seine Frau nur knapp entkam. Die Ermordung Ofers mit Äxten und Eisenstangen war „ein Geschenk an das palästinensische Volk und die Hamas-Häftlinge, aus Anlass von Eid al-Adha“, wie zwei Verdächtige bei der Befragung aussagten.

Indem sie die Anstachelung und den Terrorismus auf palästinensischer Seite außer Acht lassen, befördern die Vereinten Nationen eine einseitige Sicht, die den Organisationen Hamas, Islamischer Jihad und der PA einen Freibrief gibt, und die Unnachgiebigkeit statt Kompromissfähigkeit bestärkt.

Es sind also die UN, die sich dafür entschuldigen sollten, die kostbare Zeit und die Ressourcen der Weltorganisation dafür zu gebrauchen, politisierende und einseitige Texte zu produzieren, die nichts dazu beitragen, den arabisch-israelischen Frieden voranzubringen oder den wahren Schutz der Menschenrechte zu unterstützen. Im Gegenteil, die selektiven und einseitigen Resolutionen untergraben das Kernprinzip, dass die Standards der Menschenrechte universell gelten, und sie bringen die Parteien weiter auseinander.

Es sind die Vereinten Nationen, die sich dafür entschuldigen sollten, Israel als Sündenbock zu gebrauchen und den jüdischen Staat als Meta-Kriminellen zu dämonisieren und zu delegimitieren, der für alle Übel dieser Welt die Schuld trägt.

Vor allem aber sollten sich die Vereinten Nationen dafür entschuldigen, dass sie die Schreie der Millionen echten Opfer von Menschenrechtsverletzungen überhören – und diese verhöhnen.

Letzte Woche war ich im Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York, zusammen mit mutigen Dissidenten aus China, Kuba, Russland und Saudi-Arabien. UN Watch half dabei, eine Pressekonferenz zu organisieren, um die UN-Mitgliedsstaaten darum zu bitten, sich den zynischen Kandidaturen jener unterdrückerischen Regime für den Menschenrechtsrat der UN zu widersetzen. Doch trotz ihrer katastrophalen Akten, wurden diese Serientäter der Menschenrechtsverletzung alle von der UNGA  (Generalversammlung) gewählt, um die neuen Richter über Menschenrechte in der Welt zu werden.

Überflüssig zu sagen, dass dieselbe UN-Versammlung in diesem Jahr keinerlei Resolutionen zur chinesischen Unterdrückung des tibetischen Volkes oder der Verhaftung pro-demokratischer Aktivisten wie Wang Bingzhang sagen wird, ebenso wenig zu Kubas gewalttätiger Drangsalierung von Journalisten und Bloggern, zur Verfolgung von Schwulen in Russland oder zu saudi-arabischen Gesetzen, die Frauen das Autofahren und Nicht-Muslimen das Praktizieren ihrer Religion verbietet.

Ebenso wenig verlieren die UN ein Wort über religiös motivierte Angriffe auf Zivilisten im Irak, in Nigeria oder Pakistan, oder zur Verfolgung politischer Dissidenten in Uganda, Vietnam oder Zimbabwe.

Wie die Dolmetscherin heute anmerkte, es gibt wahrlich eine gewaltige Menge übler Dinge, die auf der ganzen Welt geschehen, doch leider „sagt keiner irgendwas dazu“.

Die Vereinten Nationen sind so damit beschäftigt, Israel zu verurteilen – sie finden einfach nicht die Zeit dafür.

Die im Newsletter veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder, sondern bieten einen Einblick in die politische Diskussion.

(Times of Israel, 14.11.13)

 

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9 Kommentare bisher ↓

  • Jan

    Vielen Dank für den Artikel! Der Kurs der UN entspricht, gesehen aus meiner subjektiven Perspektive, auch dem Tenor der deutschen Debatten. Nur das hier in Deutschland natürlich noch eine ordentliche Prise deutschen Antisemitismus und die Behauptung, dass man eine kämpferische, aufgeklärte Minderheitenmeinung gegen die Allmacht „der da oben“ und der Medien durchsetzen würde… Danke für eure Arbeit.

  • Horst Scholz

    Sowohl Richtung UNO als auch Richtung EU ergibt sich eine entscheidende Fragestellung.
    Haben diese Einrichtungen Anteil an der exousia hüpo theou / Gewalt/Macht von Gott (Römer 13,1)?
    Diese Fragestellung entscheidet letztlich, in welche Front in der Jerusalem Frage
    ein Mensch gestellt ist. Gestellt ist durch Segen oder Fluch des Ewigen.

  • Malikkel

    genauso sehe ich das.

  • michael gaerber

    ich sehe das auch so ,aber es ist noch schlimmer der Antisemitismus wird immer mehr vor allen dingen in Europa,in Deutschland wird unter dem Deckmantel wir kritisieren ja nur den Staat Israel der Antisemitismus durch Politiker und sog.intellektuellen Eliten Salon faehig gemacht.

  • frawie

    Ein Land fehlt in der Auflistung, worüber man über die Menschenrechtsverletzungen und katastrophalen Zustände so gut wie nirgends etwas hört und liest. Vor 75 Jahren bei uns. Seit 60 Jahren (!) und noch heute in NORD-KOREA. Lager die es nicht geben dürfte. Aktuell ca 200.000 Menschen. Traut sich die UN nicht an dieses Thema heran, weil mächtige Verbündete wie China und Russland das Regime in NORD-KOREA schützen? Oh ja, wenn der kleine dicke Junge mit Atomraketen spielt, dann wird man mal kurz wach und richtet die Aufmerksamkeit dort hin. Aber dann wieder schweigen, dulden und damit unterstützen. Traurig und bitter, sehr bitter!

  • Das offene Mikrophon und die UN-Dolmetscherin | TheoBlog

    […] Lesen und hören Sie selbst: www.botschaftisrael.de. […]

  • Das offene Mikrophon und die UN-Dolmetscherin | FreieWelt.net

    […] Lesen und hören Sie selbst: www.botschaftisrael.de […]

  • Georg B. Mrozek

    Wirklich schlimm daran ist, es spiegelt wider, was das gemeine Volk denkt. Und zwar in Deutschland, Europa und weltweit. So etwas ist für Optimisten schwer zu ertragen, da kann man leicht seinen Mut verlieren. Gegen Dummheit und Hass anzugehen, ist wohl eines der schwierigsten und langwierigsten Unterfangen überhaupt; deshalb bedanke ich mich für diesen Artikel, der die Ohnmacht gegenüber einer missbrauchten UN mittels der vermeintlich unbedeutenden Anekdote einer Dolmetscherin eindrucksvoll aufzeigt und sie damit aus dem Reich ihrer Bedeutungslosigkeit herausholt. So zeigt der Artikel, wie viel Macht und Einfluss letztlich doch die Wahrheit hat, selbst wenn sie bisher nur in verborgenen Nebensätzen zu finden war. Genau so etwas spendet dann wieder neuen Mut, sich dem Hass gegen Israel unaufhörlich mit Fakten, Fakten, Fakten entgegenzustellen. Der Optimist sagt: Das weiche Wasser höhlt den Stein. Es kommt die Zeit, da gereicht Israel dem Rest der Welt als Vorbild.

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