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Lektionen aus dem Zweiten Libanonkrieg

16. August 2011 · Keine Kommentare · Allgemein, Armee, Friedensverhandlungen, Libanon, Politik, Sicherheit


Von Michael Oren

Südlich des libanesischen Litani-Flusses wurden viele Dörfer zerstört. Andere sind verlassen, ihre Bewohner sind in den Norden geflohen, nach Beirut. Auf der anderen Seite der Grenze haben israelische Zivilisten durch die tausenden Katjuscha-Raketen ihre Wohnviertel zerstört vorgefunden, als sie aus den Luftschutzbunkern kamen; die umliegenden Wälder waren abgebrannt. Israelische Truppen waren im ganzen südlichen Libanon stationiert, bereit, der Hisbollah einen endgültigen Stoß zu versetzen, doch sie taten es nicht. Ab acht Uhr morgens am 14. August 2006, also vor fast genau fünf Jahren, fielen keine Schüsse mehr im Zweiten Libanonkrieg.

Die Wurzeln dieses Konflikts liegen tief. In Reaktion auf die Angriffe durch palästinensische Gruppen im Libanon hat Israel das Land 1982 eingenommen. Israel wollte den Libanon vom Terror und der syrischen Besatzung befreien, und wollte die Etablierung einer pro-westlichen demokratischen Regierung fördern, die sich dem Frieden verpflichtet hatte.
Diese Ziele – ein weit entfernter Traum für den heutigen Libanon – wurden beinahe erreicht. Doch die Massaker an Palästinensern durch christliche Milizen in Beirut erzeugten internationalen Druck auf Israel, seine Truppen zurückzuziehen. Die israelische Armee blieb in einem Verteidigungsgürtel entlang der Grenze für die nächsten 18 Jahre bevor sie sich komplett zurückzog. Am 25. Mai 2000 war der erste Libanonkrieg zu Ende.

Das Vakuum im Libanon wurde von der Hisbollah gefüllt – der „Partei Allahs“, so die deutsche Übersetzung ihres Namens. Die Gegenwart israelischer Truppen im Libanon war nicht verantwortlich für das Aufkommen der Hisbollah, genau so wenig wie die amerikanischen Truppen in Saudi Arabien Al Qaida geschaffen haben. Vielmehr gründete sich die Hisbollah auf der Verbitterung der lange unterdrückten schiitischen Bevölkerung und der großzügigen Unterstützung durch den Iran.

Ein Jahr nach dem Ausbruch des ersten Libanonkriegs töteten Hisbollah-Terroristen 241 amerikanische Soldaten in Beirut. Später richtete die Hisbollah ihre Waffen auch auf die Sunniten, Christen und Drusen im Land und nahm es gemeinsam mit ihren syrischen Helfern ein. Ministerpräsident Rafiq Hariri, ein Sunnite, der sich dem Hegemonialstreben der Hisbollah entgegenstellte, wurde im Februar 2005 durch eine Autobombe ermordet.

Im folgenden Juli griff die Hisbollah eine israelische Grenzpatrouille aus dem Hinterhalt an, tötete dabei zehn Soldaten, zwei der Leichname setzte sie dazu ein, Israel zu erpressen. Die damalige israelische Regierung unter dem ehemaligen Ministerpräsidenten Ehud Olmert befahl einen sofortigen Gegenschlag gegen die Posten der Hisbollah im Süden des Libanons und ihre Hauptquartiere in Beirut. Die Hisbollah verschanzte sich hinter libanesischen Zivilisten, feuerte tausende Raketen auf israelische Zivilisten ab und tötete dabei 43 Menschen. Die Kämpfe dauerten mehr als einen Monat, bevor der UN-Sicherheitsrat einen Waffenstillstand auferlegte.

Die ersten Resultate des Zweiten Libanonkriegs waren irreführend. Große Teile der arabischen Welt feierten den Anführer der Hisbollah, Hassan Nasrallah, für die von ihm deklarierte Zerstörung des „Spinnennetzes“ der israelischen Macht. Nichtsdestotrotz beschloss die UN-Sicherheitsratsresolution 1701 die Stationierung internationaler Sicherheitskräfte, die die Hisbollah davon abhalten sollten, sich wieder zu bewaffnen und sich südlich des Litani-Flusses, also vier Kilometer vor der Grenze zu Israel, wieder aufzustellen. Die Israelis, betroffen von dem Verlust so vieler Leben und dem scheinbar ausgebliebenen Sieg, beschäftigten sich vorerst intensiv mit sich selbst.

Die langfristigen Resultate des Zweiten Libanonkriegs sind jedoch grundverschieden von diesen kurzfristigen. Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte waren erfolgreich in ihrem Vorhaben, die Hisbollah davon abzuhalten, Israel weiter anzugreifen. Im libanesischen Fernsehen gestand Nasrallah später: „Wenn wir gewusst hätten, dass unser Angriff aus dem Hinterhalt zu so etwas führt, hätten wir es nicht getan.“ Während der israelischen Intervention gegen die Hamas im Gaza-Streifen 2008 hielt sich die Hisbollah absolut zurück.

Weiterhin schwindet Nasrallahs Popularität bei den Arabern, er wird geschmäht für seine Unterstützung des syrischen Diktators Bashar al-Assad. Kämpfer der Hisbollah sollen auf syrische Zivilisten geschossen haben, die für Demokratie auf die Straße gegangen sind.

Währenddessen haben die UN-Friedenstruppen bewiesen, dass sie nicht nur unfähig sondern auch nicht willens sind, ihr Mandat zu erfüllen. Die Hisbollah verfügt derzeit über etwa 50.000 Raketen – vier Mal so viele wie 2006. Dörfer südlich des Litani-Flusses wurden in eine Front von Hisbollah Festungen umgewandelt.

Israel, für seinen Teil, behob die Mängel im militärischen Bereich, die durch den Krieg offenbar wurden. Wir haben unsere Heimatfront-Verteidigung gestärkt und führen nationale Übungen für den Ernstfall durch. Die drastischste Folge ist wohl, dass Israel ein äußerst fortschrittliches Raketenabwehrsystem entwickelt hat, dass kürzlich acht Raketen abgefangen hat, die von der Hamas aus dem Gaza-Streifen abgeschossen worden waren.

Keine Abwehrmaßnahmen können Israel jedoch vollends unempfindlich gegenüber Angriffen machen, insbesondere wenn sie von einer Organisation ausgehen, die sich unserer Zerstörung verpflichtet hat, und deren Raketenarsenal weitaus größer ist, als das der meisten Industrienationen. Dass Nasrallah ungestraft damit davongekommen ist, dass ein UN-Sondertribunal vier ranghohe Offiziere der Ermordung Hariris angeklagt hat, demonstriert die Totalität der Herrschaft der Hisbollah im Libanon. Es zeigt weiterhin die Gefahr, die die Hisbollah für friedfertige Menschen in der ganzen Region darstellt.

Die traurige Wahrheit ist, dass der Libanon nicht länger ein unabhängiger, pro-westlicher Staat ist, sondern ein Bollwerk für Terroristen, die von Syrien versorgt werden und die dem Iran untertänig sind.

Israel will keinen dritten Libanonkrieg. Doch wir dürfen die Lektionen aus vorherigen Konflikten nicht vergessen.

Während wir weiterhin für eine Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern eintreten, können wir uns bei der Überwachung der künftigen Grenzen eines palästinensischen Staates nicht auf die internationalen Sicherheitskräfte verlassen. Nur die israelischen Verteidigungsstreitkräfte können den Staat davon abhalten, zu einem zweiten Libanon zu werden. Zudem dürfen wir nie selbstgefällig sein und annehmen, dass die Hisbollah weiterhin abgeschreckt ist und nicht plötzlich auf Befehl von Damaskus oder Teheran handeln könnte.

Letztendlich können die Geschehnisse im Nahen Osten eine letzte Chance sein, das libanesische Volk zu befreien. Das syrische Regime wird sich vielleicht auflösen und mit ihm der Einfluss des Iran. Wenn es soweit kommt, darf dieser Moment nicht verpasst werden.

Michael Oren ist der israelische Botschafter in den USA.

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