Von Emmanuel Nahshon
Wenige Monate vor meinem achtzehnten Geburtstag habe ich den Militärdienst angetreten. Ich war zwar sehr jung, doch das Tragen einer Uniform unserer Israelischen Verteidigungsstreitkräfte veränderte mich. Diese einfache khakifarbene Uniform bedeutete mir so viel – unsere Vorfahren, die für König David gekämpft hatten, unsere Eltern und Großeltern, die in Europa abgeschlachtet wurden, weil wir keine Armee hatten, unsere Hoffnungen auf Frieden und Sicherheit in einer der komplexesten Regionen der Welt…
Viele Jahre später mag ich zwar einen Teil meiner jugendlichen Unschuld verloren haben, doch ich glaube immer noch daran, dass die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte, unsere Brüder und Schwestern in Uniform, die Basis für unsere Existenz als unabhängige Nation bilden und dass all unseren Soldaten gemeinsam, genauso wie jeder und jedem einzelnen von ihnen, der höchste Respekt gebührt. Hier geht es nicht um Regierungspolitik oder Militärtaktik. Es geht um den tiefen Stolz, den wir auf unsere Kinder empfinden, in deren Hände wir bereitwillig unser Leben und unsere Sicherheit legen.
Die jüdischen Extremisten, die vor zwei Tagen israelische Soldaten angegriffen und gegen eine Moschee in Jerusalem vandalisiert haben, stellen eine eindeutige und ernsthafte Gefahr für unsere Demokratie dar. Sie stellen Demokratie, Toleranz, Dialog und Pluralismus, die fundamentalen Regeln unserer Gesellschaft, in Frage. Sie haben keinen Respekt für unsere Institutionen. Sie vertreten fanatische Ansichten in Bezug auf unsere palästinensischen Nachbarn und Israelis, die andere Meinungen haben und ihre Ansichten nicht teilen. Diese Extremisten haben eine gefährliche nationalistische Perspektive entwickelt, eine Ideologie, die für Kompromisse und Toleranz keinen Platz lässt. Ihre Sprache ist eine Sprache des Hasses, des Rassismus und der Intoleranz.
Angriffe auf israelische Soldaten, auf palästinensische Dörfer und muslimische Kultstätten verursachen in mir ein tiefes Gefühl der Scham. Es ist selbstverständlich, dass diese Kriminellen bestraft werden sollten. Wenn wir zulassen, dass in unserer Mitte extremistische Gewalt heranwächst, kann dies uns schlussendlich zerstören. Unabhängig von Religion oder politischer Perspektive glaube ich daran, dass alle Israelis zusammenstehen sollten, um diese fanatischen Extremisten zu bekämpfen, die nicht zögern, ihre Hand gegen die fundamentalsten Werte zu erheben, auf denen unser Land aufgebaut wurde.
Der Autor ist Gesandter und Geschäftsträger der Botschaft des Staates Israel in Deutschland.
Ein Kommentar zu den letzten Auseinandersetzungen von ‘Siedlern’ und Armee und was man daraus macht oder machen sollte… | ARO1 – Israel, der Nahe Osten & der Rest der Welt // Dez 15, 2011 at 14:35
[…] Geschaeftstraeger der israelischen Botschaft in Berlin, Emmanuel Nahshon, sah akut “eine eindeutige und ernsthafte Gefahr für unsere [israelische] Demokratie.” Die linke HaAretz titelte u.a. (allerdings komischerweise nur in der hebraeischen Version […]
Reinhold Hinzmann // Jan 28, 2012 at 20:23
Sehr geehrter Herr Nahshon,
am Freitag habe ich in der Frankfurter Rundschau Ihren Kommentar gelesen. Er hat mich sehr berührt. Doch eine Sache macht mir zu schaffen:
Immer wenn ich im Zusammenhang mit dem Massenmord an Menschen jüdischen Glaubens den Begriff „Vernichtung“ lese.
Ich vernichte etwas schädliches , z. B. Bakterien, Viren, Umweltgefährdende Substanzen.
Aber Menschen werden doch nicht vernichtet!
Wird mit dem Gebrauch des Wortes „Vernichtung“ nicht die Sprache der faschistischen Massenmörder übernommen? Die sprachen von „Vernichtungslagern“.
Ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich nicht einem Gedankenirrtum unterliege. Wäre schön, wenn Sie Zeit hätten, mir zu meinen Gedanken eine Antwort zu senden.
Ihnen wünsche ich eine gute Zeit
Mit freundlichen Grüssen
Reinhold Hinzmann
Nassauer Strasse 8
65618 Niederselters
Tel. 06483 80 45 22
botschaftisrael // Feb 10, 2012 at 11:19
Sehr geehrter Herr Hinzmann,
vielen Dank für Ihren Kommentar und die damit verbundene Frage an den Gesandten Emmanuel Nahshon. Da Herr Nahshon sich in der vergangenen Woche auf einer Dienstreise befand, kommen wir erst heute dazu, Ihre Frage auf unserem Blog zu beantworten. Herr Nahshon hat das Wort „Vernichtung“ mit Absicht benutzt, da es sich um einen von den Nazis verwendeten Begriff handelt und der Kommentar in der Frankfurter Rundschau sich mit dieser Thematik beschäftigt. Herr Nahshon ist völlig einer Meinung mit Ihnen, dass dieser Begriff im üblichen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit der Tötung von Menschen nichts verloren hat.