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Land ohne Frieden – Warum Abbas zur UN gegangen ist

5. Oktober 2011 · Keine Kommentare · Allgemein, Friedensverhandlungen, UN

 

Von Charles Krauthammer

Während es für die westlichen Mächte diplomatisch eher unangenehm war, so erlangte Mahmud Abbas‘ Versuch, von den UN einen palästinensischen Staat anerkennen zu lassen, doch auch breite Sympathien. Denn schließlich stellt sich die Frage, welche Wahl er denn hatte? Laut dem anerkannten Narrativ ist Frieden im Nahen Osten unmöglich, da Israels derzeitige Hardliner-Likud-Regierung sich weigert, einen palästinensischen Staat anzuerkennen und weiter Siedlungen baut.

Es ist bemerkenswert, wie diese schwerwiegende Verdrehung der Wahrheit zur gängigen Meinung wurde. In der Tat hat Netanyahu seine vom Likud geführte Koalition von der offenen Anerkennung eines palästinensischen Staates überzeugt und somit Israels ersten nationalen Konsens in der Zwei-Staaten-Lösung geschaffen. Er ist ebenso der erste Ministerpräsident, der einem Siedlungsmoratorium zugestimmt hat – zehn Monate – etwas, das keine Labor- oder Kadima-Regierung jemals getan hat.

Abbas boykottierte trotzdem in den ersten neun Monaten des Moratoriums die Gespräche und reagierte erst im zehnten Monat. Er verließ den Verhandlungstisch jedoch umgehend, als das Moratorium kurze Zeit später auslief. Vergangene Woche betonte er erneut, dass er die Friedensverhandlungen weiter boykottieren wird, solange Israel nicht – bereits im Vorfeld – jedweden Anspruch auf Gebiete hinter den Waffenstillstandslinien von 1949 („Grüne Linie“) aufgibt. Das bedeutet beispielsweise, dass das jüdische Viertel in der Jerusalemer Altstadt palästinensisches Gebiet wäre. Diese Forderung ist nicht nur absurd, sie verletzt auch sämtliche vorherigen Friedensabkommen, die alle festlegen, dass solche Forderungen das Thema von Verhandlungen sein sollen, nicht deren Vorbedingung.

Abbas beharrt weiter unbeirrt auf dem sogenannten „Recht auf Rückkehr“, das Israel demographisch zerstören würde: Millionen Araber würden den einzigen jüdischen Staat der Welt zum 23. arabischen Staat machen. Und Folgendes hat er wiederholt erklärt (letztmalig vergangene Woche in New York): „Wir werden einen jüdischen Staat nicht anerkennen.“
Doch das ist alles nicht neu. Es passt perfekt in die lange Geschichte der palästinensischen Weigerung:

•  Camp David, 2000: Ministerpräsident Ehud Barak bietet Yassir Arafat einen palästinensischen Staat im Westjordanland und im Gazastreifen und zusätzlich die vorher undenkbare Teilung Jerusalems an. Arafat lehnt ab und macht kein Gegenangebot, womit er seine fehlende Bereitschaft demonstriert, irgendein Abkommen mit Israel zu schließen. Statt dessen startet er innerhalb der nächsten zwei Monate einen grausamen Terrorkrieg, der tausend Israelis das Leben kostet.

•  Taba, 2001: Ein sogar noch besseres Angebot – die Clinton-Parameter – wird unterbreitet. Arafat lehnt erneut ab.

•  Israel, 2008: Ministerpräsident Ehud Olmert kapituliert vollends vor den palästinensischen Forderungen – 100 Prozent der Westbank (mit Gebietstausch), palästinensische Eigenstaatlichkeit, die Teilung Jerusalems mit dem muslimischen Teil als Hauptstadt des neuen Palästina. Und er geht noch weiter: Er bietet an, dass die heiligen Stätten Jerusalems, einschließlich der Klagemauer, einer internationalen Körperschaft übergeben werden, an deren Spitze Jordanien und Saudi Arabien stehen.

Und hat Abbas dem zugestimmt? Natürlich nicht. Wenn er es getan hätte, wäre der Konflikt beendet gewesen und Palästina wäre bereits ein Mitglied der Vereinten Nationen.

Das sind alles keine alten Geschichten. Alle drei Verhandlungen wurden im vergangenen Jahrzehnt abgehalten. Und jede einzelne widerspricht voll und ganz dem derzeitigen geschichtsvergessenen Narrativ von Israels „Unnachgiebigkeit“ als Hindernis für den Frieden.

Siedlungen? Jede Siedlung, die im neuen Palästina verbliebe, würde zerstört und geräumt werden, genauso wie es im Gazastreifen geschehen ist.

Also warum lehnen die Palästinenser alles ab? Da eine Zustimmung bedeuten würde, dass sie ein endgültiges Friedensabkommen schließen müssten, welches den jüdischen Staat auf „angestammtem muslimischen Boden“ anerkennt.

Das Schlüsselwort hierbei ist „endgültig“. Die Palästinenser sind darauf vorbereitet, vorläufige Übereinkünfte zu unterzeichnen, so wie Oslo. Rahmenabkommen wie Annapolis. Waffenruhen wie das Waffenstillstandsabkommen von 1949. Alles, außer einem endgültigen Vertrag. Alles, außer einem endgültigen Friedensvertrag. Alles, außer einem Vertrag, der den Konflikt ein für alle Mal beendet – während der jüdische Staat noch existiert.

Also warum hat sich Abbas vergangene Woche an die UN gewandt? Seit fast einem halben Jahrhundert haben die USA eine Lösung für den Nahostkonflikt auf der Grundlage von „Land für Frieden“ angestrebt. Land für Frieden hat zu dem israelisch-ägyptischen Friedensvertrag von 1979 und dem Frieden zwischen Israel und Jordanien 1994 geführt. Israel hat den Palästinensern drei Mal Land für Frieden angeboten. Das Angebot wurde jedes Mal abgelehnt.

Warum? Aus genau dem gleichen Grund, warum Abbas vergangene Woche bei den UN war: Um das Land ohne Frieden zu bekommen. Souveränität ohne dafür den jüdischen Staat anerkennen zu müssen. Eigenstaatlichkeit ohne Verhandlung. Ein unabhängiges Palästina in einem fortgesetzten Kriegszustand mit Israel.

Israel hat 2000 im Südlibanon Land ohne Friedensvertrag aufgegeben und hat im Gegenzug Krieg bekommen (der Libanonkrieg von 2006) – 50.000 Raketen der Hisbollah sind nun auf das israelische Kernland gerichtet. 2005 hat Israel Land ohne Friedensvertrag im Gazastreifen aufgegeben, und wurde wieder mit Krieg „belohnt“ – und konstanten Raketenangriffen aus einem offen mörderischen palästinensischen Mini-Staat.

Israel ist darauf eingestellt, Land aufzugeben, aber nie wieder ohne Frieden. Einen endgültigen Frieden. Das ist genau das, was jeder palästinensische Führer von Haj Amin al-Husseini über Yassir Arafat bis zu Mahmud Abbas verweigert. Und das ist genau der Grund, warum es unabhängig davon, wer Israel regiert, nie Frieden gab. Territoriale Konflikte kann man lösen, existentielle nicht.

Land für Frieden: Ja.

Land ohne Friedensabkommen ist nichts weiter als eine Einladung zum nationalen Selbstmord.

 

Charles Krauthammer ist Publizist und Pulitzerpreisträger.

 

 

Die auf dem Blog veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder.

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